Schneller und Garzarolli haben sich für die Wald-KITA angemeldet. Warum? Liegt doch auf der Hand! Erstens sind Kinder ein leuchtendes Beispiel für unverbildetes freies Denken und zweitens suchen wir seit unserem gemischten Büro-Erlebnis ein Follow-up. “Wir sind Naturburschen”, sagt Garzarolli zu Schneller und damit hat er natürlich recht.
Um es kurz zu machen: Die Sache war sehr frustrierend. Wir hatten das Gefühl, im Auswahlverfahren nie eine echte Chance zu haben. Wir wurden letztendlich mit der Begründung abgelehnt, dass es keine Matschhose in Schnellers Größe gäbe. Aber wer uns kennt weiß, dass uns Widerstand nur entschlossener macht.
Eine Gründung aus gutem Grund.
Schneller und Garzarolli gründen daraufhin das erste Waldbüro in Eigeninitiative. Später könnte es mal eine Genossenschaft werden. Für unser Waldbüro kauften wir einen Bauwagen von dem aus WLAN und Kaffee betrieben werden können. Wir wollen uns jetzt nicht in Details verlieren – wie wir zum Beispiel das Dach abgedichtet bekamen und uns über Bauwagen-Bodenbeläge in die Wolle gerieten. Wir hatten übrigens auch von Tag eins an ein Dixie Klo. Wir verfügen sogar über ein paar bunte Solar-LED-Lampions für den Fall, dass wir uns romantisch fühlen sollten. Die erste Woche war großartig. Wir haben natürlich nicht gearbeitet. Wir haben gespielt: “Wer kennt den Baum?” Dann versuchten wir möglichst viele Käuzchen im Umkreis zu finden. Ein herrlicher Spaß! Wir haben Dinge gesammelt, die organisch sein müssen: Borke mit eigenartigen Formen. Moos. Tote Käfer. Großartig! Selten haben wir so gut zusammengearbeitet.
In der zweiten Woche haben wir begonnen, neben dem Spielen im Wald auch ein wenig zu arbeiten. Dabei ist uns klar geworden, dass wir Regeln brauchen. Läuft einem beispielsweise ein telefonierender Schneller über den Weg, überlagert seine Präsenz den ganzen schönen Wald-Effekt. Also haben wir Arbeitszeiten, sowie Telefonzeiten definiert und Parzellen ausgewiesen, in denen man telefonieren darf. Weil sich Schneller nicht daran hält, hat Garzarolli die Grenzen zwischen den Parzellen mit roten Bändern, die er um Baumstämme bindet, markiert. Als das nicht wirkt, bastelt er Vodoo-Mobiles aus Stöckchen, die er entlang seiner Parzellen-Grenzen verteilt. Das wirkt. Als unsere Regeln greifen, beginnen wir produktiv zu arbeiten. Und uns zu langweilen.
Skalierung und Enttäuschung.
Schnell bekamen wir weitere Mitglieder. Das brachte die Notwendigkeit mit sich, unsere Parzellen kleinteiliger aufzuteilen. Früher war es einfacher: Garzarolli, Nord und West. Schneller, Ost und Süd. Mehr Bänder und Mobiles mussten gebastelt werden. Aber schon bald lief es wieder ziemlich gut. Eines Tages kam eine Frau zu uns, die sich erst als Reporterin ausgab. Sylvie. Sie wollte möglichst viel Information absaugen, aber wir durchschauten ihre Motive sofort. Am Ende gab sie zu, dass sie nach dem Vorbild von wework und inspiriert von uns (eine nette Umschreibung dafür, dass sie unsere Idee klauen wollte), eine globale Waldbüro-Kette aufbauen wollte. Sie lud uns ein, Geschäftspartner zu werden. Geld hatte sie keines. Warum wir sie aus ihrer Sicht mitmachen lassen sollten? Weil Sylvie von Wald kommt (bezogen auf den Namen – das für Nicht-Altphilologen). Das Potential dieser Idee war uns natürlich von Anfang an klar. Wir denken nur groß. Schon jetzt gibt es diesen ungeheuren Bedarf nach Raum und Freiheit, nach einem Zurück zur Natur. Wer weiß, wie lange wir sie noch haben? Es gibt diesen Trend zur organischen Umgebung, die sanft unsere Sinne umspielt und uns dadurch inspiriert. Organic Thinking (© by Schneller). Im Wald zu arbeiten, ändert das Spiel.
Und was passiert erst, wenn schließlich die Generation-Wald-KITA auf den Arbeitsmarkt drängt? Unser Franchise würde durch die Krone gehen!
Klar, es gab Probleme. Pilzsammler, zum Beispiel, die WLAN zocken wollten. Oder Öko-Fundamentalisten, die Kaffee zocken wollten. Oder ein Befall von Bohrwespen. Und Sylvie. Sie wurde uns zunehmend unsympathisch. Sie wollte noch mehr Menschen auf den Hektar pressen, sie wollte Mobiles in China produzieren lassen und plante kleine Wellness-Zellen und eine Waldcafeteria. Der Name, den sie dafür vorschlug, sagt viel über Sylvie: Eibekuchen. Kurz: Wir haben uns getrennt, bevor es richtig losging.
Nein, wir wollen die Kontrolle behalten. Wir haben einen Exklusiv-Vertrag mit den Niedersächsischen Landesforsten abgeschlossen. Das ist der Anfang. Wir wollen nicht nur die Kontrolle über das Territorium, wir wollen auch die Kontrolle, wer mit uns in den Wald darf. Man muss sich bei uns persönlich bewerben. Das ist ab heute möglich. Bitte verwendet die Betreffzeile Waldbüro und beschreibt, welche außerordentliche Fähigkeiten ihr beisteuern wollt. Und: Versucht erst gar nicht, uns zu bestechen. Jedenfalls nicht Garzarolli.